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Vergeltungswaffe V-1 (alias Fieseler Fi 103) 'Kirchkern' |
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Die damaligen artilleristischen Mittel, die
keine Fernbeschießung Englands zuließen, führten schon
frühzeitig zu Plänen, automatisch gesteuerte Flügelbomben für
diese Zwecke zu entwickeln. Als schließlich im intermittierenden
Pulso-Schubrohr ein billiges Verschleißtriebwerk heranreifte,
erhielten die Fieseler-Werke am 5. Juni1942 den Auftrag, für
dieses Triebwerk eine entsprechende Zelle zu bauen. Die
Entwicklung des Prototyps lief bei den Gerhard Fieseler Werken
GmbH unter der Bezeichnung Fi 103. Später erhielt das Projektil
die Untergruppenbezeichnung FZG (Flakzielgerät) 76 und, kurz vor
dem Einsatz, den allgemein bekannten Namen V1 (Vergeltungswaffe
1). Rein äußerlich unterschied sich der Prototyp von dem
nachfolgenden Serienmuster. Das Leitwerk besaß noch Kreuzform,
hatte also eine Kielflosse von der gleichen Größe der
Seitenflosse. Eine weitere Stabilisierungsflosse befand sich vor
dem Lufteinlauf des Triebwerkes auf der Rumpfoberseite in Höhe
der Flügel. Die weitere Entwicklung bis zur Serienreife wurde
bei der Luftwaffen-Sonderentwicklungsstelle Peenemünde-West
durchgeführt. Das Geschoß war wie ein normales Flugzeug
aufgebaut und benötigte zur Herstellung etwa 280 Arbeitsstunden
und 3500 RM. Der erste Einsatz war für den 15. Februar 1944
vorgesehen, musste aber, da die Abschussrampen inzwischen
zerstört worden waren, verschoben werden und fand erst am 16.
August 1944 statt. |
Abschussfertige V-1 in einer Feuerstellung, Herbst 1944
Vom Kommandostand aus, wird die V-1 gestartet
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1. Magnetkompass |
9. Starthaken |
2. Aufschlagzünder |
10. Treibstofftank |
3. Rohrholm |
11. Druckluftlaschen |
4. Staurohrdüse |
12. Luft-Drosselklappe |
5. Mischdüsen |
13. Batterie |
6. Brennkammer |
14. Hauptkreisel |
7. Anemometer-Zählpropeller |
15. Pneumatische Servomotoren |
8. Sprengladung |
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Länge: |
7,90 m |
Spannweite: |
5,30 m |
Nutzlast: |
850 kg |
Vmax: |
500-800 km/h |
Flughöhe: |
0,5-3 km |
Reichweite: |
370 km |
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Eine V-1 geht auf London nieder

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1. Fi 103 V, Versuchsmodell, Peenemünde West, Sommer 1942 |
2. Fi 103 V33, für Start-Flugversuche |
3. Fi 103, Einsatzgerät, gestartet vom Stab/KG 3 im Sommer 1944 |
4. Fi 103 A-1/Re 2, Schulungsausführung |
5. Fi 103 A-1/Re 3, Schulungsausführung |
6. Fi 103, Einsatzgerät |
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V1 - Abschusseinrichtungen |
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Bis zum Kriegsende wurden 8.892 V-1 vom Boden
gestartet, 7.488 davon mit einwandfreiem Start, 3.530 erreichten
ihr Ziel und 2.419 davon trafen London. 2.488, die ab Beginn des
Jahres 1945 gestartet wurden, erreichten Antwerpen und Brüssel. |
1.600 V-1 wurden aus der Luft gestartet und zwar von
den 100 He 111 H-22 des III./KG 3 und I./KG 53, welche auf den
holländischen Flughäfen Venlo und Gilze-Rijen stationiert waren.
Diese Einsätze begannen am 7. Juli 1944 und waren in der
Hauptsache gegen London und Southampton gerichtet. Sie dauerten
bis 15. Januar 1945 und kosteten den Verlust von 80
Trägerflugzeugen. Die Trägerflugzeuge waren He 111 H-22,
teilweise umgebaut aus den geringen Beständen an H-21. Um die
großen Verluste auszugleichen, wurde in Oschatz eine
provisorische Werksanlage errichtet für den Umbau von H-16 und
H-20 Zellen in Standard H-22. Die Starts erfolgten bei
Marschgeschwindigkeit und in Höhen zwischen 500 und 3000 Metern. |
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Bemannte V1 - Das Reichenberg-Gerät |
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Die sog. Fi 103 "Reichenberg" hat ihren gedanklichen
Ursprung in dem Personenkreis um die erfolgreiche Fliegerin
Hanna Reitsch. Möglicherweise hat sie Mitte 1943 während ihres
Krankenhausaufenthaltes diese Gedanken selbst gehabt, aber auch
der Luftwaffenoffizier Heinrich Lange engagierte sich in dieser
Richtung. Nachdem Hanna Reitsch wohl sehr aufgeschlossen und
offen war, erkannte sie anscheinend bereits zu diesem Zeitpunkt,
dass der Krieg nur noch schwerlich zu gewinnen war. So kommt ihr
der Gedanke, dass für Friedensverhandlungen, wie geschichtlich
zu belegen, nur starke Positionen bzw. Faustpfänder
weiterhelfen. Dass die deutsche Luftwaffe in Großbritannien 1943
nichts mehr ausrichten konnte, war zu erkennen. So gab es nur
noch den ziel gerichteten Selbstopferungs-Einsatz.Um
diesen Plan umzusetzen, brauchte man in dieser Zeit viel
Engagement. Im Winter 1943/44 wurde das Thema in der Akademie
der Luftfahrtforschung intensiv behandelt. Als zu verwendendes
Fluggerät bot sich die vorhandene Me 328 an. Als weitere
Möglichkeit sah man eine bemannte Fi 103. Um die Entwicklung
dieser Geräte durchzusetzen, benötigte man allerhöchste
Unterstützung, am besten die Fürsprache von Adolf Hitler selbst.
So nutzte Hanna Reitsch die Chance am 28. Februar 1944, als sie
eine besondere Urkunde für das EK 1 auf dem Berghof überreicht
bekam. Das Gespräch verlief nicht wunschgemäß, aber Adolf Hitler
willigte wenigstens in die Vorbereitungen ein. Auf diesem
Hintergrund - einer mündlichen Verlautbarung des Führers -
liefen bei der Luftwaffe unter Leitung von General Korten sehr
geheime Planungen an. Freiwilliges Personal für den
Selbstopferungs-Einsatz (SO) wurde ausgewählt. Es entstand eine
Gruppe von 70 Mann, die dem KG 200 angegliedert wurden. Als
nächstes begann die Erprobung bzw. ein Training auf der Me 328B
auf dem Flugplatz Hörsching bei Linz. Sie sollte später mit zwei
Argus-Schmidt-Rohren für den SO-Einsatz Verwendung finden. Auf
der Tragfläche einer Do 217 wurde die Me 328B vorerst ohne
eigenen Antrieb zu Flugversuchen auf 3000 bis 6000 m Höhe
geschleppt. Im April 1944 war die Erprobung abgeschlossen. Ms
nächstes wurden weitere V-Muster mit Argus-Schmidt-Rohren
ausgerüstet. Die Zelle vertrug die Schwingungen nicht. Es kam
zum Absturz. Obwohl der Serienbau anlaufen sollte, kam es zu
einer Umstellung durch des RLM. Mit starker Unterstützung von
Otto Skorzeny, einem der Verantwortlichen für die
Mussolini-Befreiung, gelang es, die Fi 103 umkonstruieren zu
lassen. Dipl.-Ing. W. A. Fiedler und Dipl.-Ing. Lusser wurden
vom RLM beauftragt. Die Abteilung von W. A. Fiedler in
Berlin-Schönefeld nannte sich Segelflug Reichenberg GmbH. Daher
der Name für die bemannte Fi 103. In kürzester Zeit entstand die
einsitzige Fi 103 (Reichenberg III). Auf dem Flugplatz Lärz bei
Rechlin begann die Flugerprobung. W. A. Fiedler saß selbst am
Steuerknüppel, als das erste bemannte Gerät von einer He 111 auf
Höhe geschleppt wurde. Als erfahrenen Einflieger gelang Willy
Fiedler eine glatte Landung aus dem Gleitflug, obwohl die
Endgeschwindigkeit sehr hoch war. Dann wurde die weitere
Erprobung von verschiedenen Piloten übernommen. Darunter waren
Heinz Kensche und Hanna Reitsch. Es gab dabei auch Unfälle. Bald
kamen zweisitzige Fi 103 R dazu, so dass mit Lehrer geflogen
werden konnte. Die meisten Reichenberg-Geräte wurden
wahrscheinlich in Neu Tramm bei Dannenberg an der Elbe 1944/45
gefertigt bzw. montiert. Es wurden laut Jochen Tarrach 54 Stück
hergestellt. Praktisch alle fielen unbeschädigt am 23. April
1945 der U.S. Army's 5th Armoured Division in die Hände. Den
größten Teil transportierte das amerikanische Militär wohl zum
Leidwesen der Engländer ab. Wie viel exakt, ist unbekannt. Im
Mai 1945 rückten bereits britische Truppen in Neu Tramm ein, da
es Teil der britischen Besatzungszone wurde.
(Bild 1; Ein amerikanischer Soldat in einem Reichenberg Gerät IV
in Neu Tramm, Bild 2; Reichenbergerät I, Bild 3; das
spartanisch eingerichtete Cockpit der Reichenberg Geräte) |
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