|
|
|
|
Vergeltungswaffe V-2 (Aggregat A4) |
|
|
|
|
Vorwort:
Im Jahre 1927 wurde in Breslau der Verein für Raumschifffahrt - VfR - gegründet. Auf einem militärischen Erprobungsgelände in
der Nähe von Berlin, genannt "Raketenflugplatz", begann man
verschiedene Arten von flüssigkeits getriebenen Raketen zu
erproben - mit unterschiedlichem Erfolg und minimalen
Geldmitteln.
Die "Kegeldüse" macht im Juli 1930 einen erfolgreichen Flug,
angetrieben von Benzin und flüssigem Sauerstoff.
1931 und 1932 wurden die Hückel-Winkler HW-1 und HW-2 erprobt.
Hierbei wurde Sauerstoff und flüssiges Methan verwendet, und -
zum ersten Mal - ein elektrisches Zündsystem.
1931 wurden verschieden Raketen der Rückstoß-Serie gestartet,
welche aus ein oder zwei Teilen bestanden und mit Benzin und
flüssigem Sauerstoff betrieben wurden. Zur Kühlung wurde Wasser
verwendet und zur Rückführung ein Fallschirm. Bei einer Anzahl
dieser Experimente wurden Höhen bis zu 1.600 Meter erreicht.
1932 nahm die VfR Verbindung zu einigen Heeresoffizieren auf und
machte auf dem Erprobungsgelände Kummersdorf einige Starts.
Aufgrund der Beschränkungen, die der Versailler Vertrag für die
deutsche Artillerie enthielt, verfolgte das Heer die Entwicklung
dieser Geräte mit großem Interesse, bestand doch die
Möglichkeit, sie als weitreichende Artillerie zu nutzen.
1932 wurde das Heereswaffenamt - HWA - ein besondere Abteilung
für Raketenstudien in Kummersdorf geschaffen.1934 wurden die
Tätigkeiten der VfR eingestellt und einige Mitglieder, darunter
Wernher von Braun und Klaus Riedel, fanden Anstellung als
Zivilingenieure beim HWA unter dem Kommado von Hauptmann Walter
Dornberger.
Die erste Rakete des neuen Teams, genannt A 1 - Aggregat 1 -
versagte beim Start aufgrund eines falsch konzipierten Antriebs,
welcher flüssiger Sauerstoff und Alkohol verbrannte. Als
Stabilisator fungierte ein in der Raketenspitze eingebauter
Kurskreisel.
Die A-2 hatte einen Schwungradkreisel in der
Mitte ihres Schwerpunkts und flog im Dezember 1934 erfolgreich
bis in 2.400 m Höhe, angetrieben von Alkohol und Sauerstoff.
Beim Modell A-3 wurden entscheidende Innovationen eingesetzt,
darunter das Konzept der Düsen-Leitschaufeln, um die Rakete bei
niedrigen Geschwindigkeiten zu stabilisieren. 1937 wurden auf
der Insel Oie bei Greifswald einige Startversuche gemacht, bei
welchen Schäden am Kurskreisel festgestellt wurden.
April 1937 verlegte das Kummersdorfer Team nach Peenemünde an
der Ostseeküste, dem neuen Heeresversuchsgelände.
Die A 5 wurde als Erprobungswaffe konstruiert, um den Weg für
das anspruchsvolle A 4 Projekt zu ebnen. Sie war eine in einem
kleineren Maßstab gehaltene Ausführung mit einem vereinfachten
Leitsystem. Mit ihr wurden jede Art von Tests gemacht,
einschließlich jener im Hochgeschindigkeits-Windkanal der HVP,
simulierter Fallstarts von einer He 111 E (siehe Bild unten) und
weiterer dreißig echter Starts mit Fallschirm-Rückholung auf der
Anlage an der Greifswalder Oie. Das ganze Testprogramm wurde ein
großer Erfolg, man erreichte Höhen von 10.000 m. |
Mit den ersten Projektarbeiten an der Fernrakete
A 4 wurde für die Brennkammer, die 25 Tonnen Schub abgeben
musste, eine Versuchsdüse in Auftrag gegeben, die nach
anderthalb Jahren geliefert werden konnte. In Kummersdorf selbst
wurde ab Herbst 1936 unter der Leitung von Dr. Walter Thiel an
einer entsprechenden Brennkammer gearbeitet. Um eine restlose
Verbrennung des vergasten Treibstoffes vor dem Eintritt in die
Ausströmdüse zu erreichen, waren die Brennkammern in der
Baulänge immer lang gehalten worden. Die Gasanalyse bestätigte
diese Maßnahme, jedoch die Leistung blieb unbefriedigend. Thiel
versuchte nun, eine feinste Vernebelung durch Zentrifugal-
Einspritzdüsen zu erreichen, um die Baulänge erheblich verkürzen
zu können. Gleichzeitig baute er nach diesem Prinzip eine
Versuchsbrennkammer für 1,5 Tonnen Schub, die nach einem Jahr
betriebsreif wurde. Die Ergebnisse verblüfften: 2100 m/sec
Ausströmgeschwindigkeit wurde gemessen, nur 4,5 g/kp/sec betrug
der Verbrauch und die Brennkammerlänge war von 2 m auf 33 cm
zusammengeschrumpft. Ein anschließend entwickeltes
4,5-Tonnen-Triebwerk zeigt, dass die Leistung bei größeren
Einheiten nicht abfiel. Noch aber war eine wesentliche
Schwierigkeit zu überbrücken. Durch die bessere Verbrennung
stieg die Verbrennungstemperatur, die Kühlfläche dagegen aber
war kleiner geworden. Hier brachte Dipl. -Ing. Pöhlmann die
Lösung, als er vorschlug, zwischen den heißen Verbrennungsgasen
und den Brennkammerwänden eine Isolationsschicht nach dem Gesetz
der Verdampfungskühlung durch den Treibstoff selbst zu schaffen.
So entstand die Film- oder Schleierkühlung durch den aus
zahlreichen winzigen Bohrungen an den besonders gefährdeten
Querschnitten austretenden Alkohol an den Brennkammerwänden, der
das betriebssichere Arbeiten der späteren A 4-Brennkammer erst
ermöglichte. Die erste nach Dr. Thiel konstruierten Brennkammern
für 25 Tonnen Schub brannten im Frühjahr 1939 zufrieden stellend
auf dem neuen Peenemünder Prüfstand. Sie bestanden, im Gegensatz
zu allen bisherigen Brennkammern aus Leichtmetall, aus
verschweißtem dünnem Stahlblech. Damit war das
Brennkammerproblem für die Fernrakete im Prinzip gelöst.
Schwierigkeiten erbrachte anschließend der Übergang von der
Förderung der Treibstoffe durch Gasdruck zum Pumpendruck, weil
die riesigen Treibstoffbehälter zu schwer geworden wären, hätten
sie einen Gasdruck aushalten müssen. Zu jener Zeit gab es keine
Pumpe, die flüssigen Sauerstoff mit einer Temperatur von 185° C
fördern konnte. Die ganzen Schwierigkeiten wurden bis Anfang
1942 beseitigt. Der erste Versuchsabschuss, es war die A 4 V-2,
fand am 13. Juni 1942 in Peenemünde statt. Er schlug fehl und
die Rakete explodierte in 1,3 Kilometer Entfernung. Auch der
zweite Start am 16. August 1942 mit der A 4 V-3 wurde ein
Versager. Erfolgreich verlief erstmals der Abschuss der A 4 V-4
am 3. Oktober 1942. Das Projektil erreichte eine Entfernung von
190 km und wich nur 4 km seitlich von der Ziellinie ab. Bis zum
9. Juli 1943 erfolgten insgesamt 31 Versuchsabschüsse, dann ging
das Muster in die Serienfabrikation, hauptsächlich in den
unterirdischen Mittelwerken. Bis zum Beginn der
Massenabfeuerungen im September 1944 wurden etwa 12000 A 4
fertig gestellt. Jede erforderte einen Aufwand von 12950
Arbeitsstunden und kostete 38000 RM. Der erste kriegsmäßige
Einsatz - inzwischen waren rund 100 Versuchsabschüsse mit etwa
20% Fehlstarts erfolgt - fand am 8. September 1944 statt. Bis
zum 27. März 1945 wurde fast pausenlos geschossen. Insgesamt
kamen etwa 5500 Geräte zum Abschuss. Davon trafen rund 2000 das
Stadtbild von London und etwa 1600 das von Antwerpen. Die
Reichweite konnte im Verlauf der Entwicklung von anfänglich 320
km auf 380 km erhöht werden. (Bild ganz oben; erfolgreicher
Start einer A-4 vom Prüfstand VII, Anfang 1943 in Peenemünde,
folgendes Bild; Start zu einem der ersten Testflüge im Herbst
1942, dabei wurden Flugweiten zwischen 147 und 197 Kilometer
erzielt) |
|
|
Länge: |
13,25 m |
Durchmesser: |
1,65 m |
Nutzlast: |
975 kg |
Steiggeschwindigkeit: |
2160 m/s |
Startgewicht: |
3,5 t |
Vmax: |
5470 km/h |
Reichweite: |
380 km |
|
|
|
Links; Tarnanstrich versehene A-4's. Rechts; Start im Stadtwald von Wassenaar/Holland
|
|
|
|
1. A4, Versuchsgerät, unbekannte Einheit |
2. A4, Einsatzgerät, gestartet am 27.09.1944 durch die 485 Artillerie- Abt. |
3. A4, Versuchsgerät, gestartet im Sommer 1943 in der Anlage am San |
4. A4, Einsatzgerät Nr.11/W4171, Peenemünde, 1944 |
|
|
|
5. A4, Versuchsgerät, gestartet am Fluß San im Sommer 1943 |
6. A4, Einsatzgerät, Peenemünde 1944 |
7. A4, Versuchsgerät, gestartet in Blizna von der 836 Artillerie-Abt., Nov.43 |
8. A4, Einsatzgerät Nr.11/W4156, Peenemünde 1944 |
|
|
|
|
Nach General Dornbergers Idee wurde die
Schaffung von 45 mobilen Starteinheiten in zwei verschiedenen
Gebieten aufgegriffen: einer Nordgruppe für Angriffe gegen
England und einer Südgruppe gegen Frankreich und Belgien. Diese
mobilen Starteinheiten waren völlig unabhängig und bestanden aus
einem Zug von 35 Spezialfahrzeugen der verschiedensten Art:
"Meilerwagen" - Spezialanhänger zum Transport und Start der A 4,
einer mobilen Anlage zur Herstellung von flüssigen Sauerstoff,
Kettenfahrzeugen zum Transport der Treibstofftanks und
verschiedenster Typen von gepanzerten Kommadofahrzeugen (SdKfz
7/3 und SdKfz 251), welche während der Starts möglichst nahe bei
der Rakete bleiben konnten. Sie bewegten sich nachts und machten
die Starts am Tage aus bewaldeten Gebieten, geschützt gegen Wind
und alliierte Luftaufklärung. Am Anfang wurden einige Starts
sogar aus Stadtgebieten von Den Haag gemacht. Zwischen 6.
September 1944 und 27. März 1945 wurden 1.341 Raketen auf
Amberes, 65 auf Brüssel, 98 auf Lüttich, 15 auf Paris, 11 auf
die Brücke von Remagen und 1.120 auf England geschossen |
|
Feuerleitzugmaschine Sd.Kfz. 7/3; Meiller-Wagen |
|
Feuerleitpanzer Sd.Kfz.251; Opel-Blitz T-Stoffwagen; Kesselanhänger für Fl.-Sauerstoff |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Projekt 'Schwimmweste' - Schiessen mit der A4 von See aus |
|
|
|
|
|
Direktor Lafferenz von der Deutschen
Arbeitsfront hatte durch praktische Versuche nachgewiesen, dass
ein U-Boot bis zu drei größte tauchfähige Schwimmkörper
schleppen konnte. Mit U 1063 wurde der Unterwasserschlepp
erprobt und zeigte nur minimale Probleme. Dadurch entstand die
Frage, ob es möglich sei, in diesen Schwimmkörpern A 4-Raketen
mitzuführen. Der Gedanke war, diese Raketen aus den
Tauchbehältern zu starten. So entstand 1943 ein weiteres
Projekt. Die Transport- und Verschussbehälter sollten eine Länge
von 37 m und einen Durchmesser von 5,5 m haben. Bei der Größe
sprach man von der enormen Wasserverdrängung von 500 Tonnen.
Nach Erreichen des Zieles wäre das Heck geflutet worden und der
Schwimmkörper hätte senkrecht gestanden und ca. 5 Meter aus dem
Wasser geragt. Auf einer kreiselstabilisierten Plattform wäre
das A 4 betankt und überprüft worden. Die Stromversorgung sollte
durch das U-Boot erfolgen. Kurz vor dem Start hätte die
Bedienermannschaft den Behälter verlassen. Das Startsignal wäre
vom U-Boot aus gegeben worden. Auf dem Startweg innerhalb des
Schwimmkörpers beabsichtigte man das A 4 in Schienen zu führen
und den Gasstrahl über eine Schurre um l80° umzulenken, so dass
er nach oben austreten konnte. Für die Fahrt über den Atlantik
berechnete man bei 12 Seemeilen Geschwindigkeit zum geplanten
Ziel (USA) etwa 30 Tage. Vorgesehen waren die sog.
Elektro-U-Boote vom Typ XXI. Die Antriebstoffe wie flüssiger
Sauerstoff und Äthylalkohol hätte man in den Schwimmkörpern
neben der Rakete mitgeführt. Der Verlust an flüssigem Sauerstoff
währen der Anfahrt wäre durch entsprechend große Tankbehälter
auszugleichen gewesen. Das Projekt sollte in Verbindung mit der
Stettiner Vulcanwerft erarbeitet werden. Noch am 9. Dezember
1944 fand bei der Waffen-Prüfabteilung 10 (Raketen) des
Heereswaffenamtes eine Umfangreiche Besprechung statt. Bis Ende
März 1945 sollten dann die Voruntersuchungen abgeschlossen sein.
Im Februar 1945 wurde Peenemünde aber bereits geräumt. Auch die
von der Werft begonnenen Muster konnten nicht mehr fertig
gestellt werden. |
|
|
|
|
1. Aufklappbarer Bug |
2. Treibstofftanks mit Aussparungen für die Heckflossen der Rakete |
3. Bedienungsplattform für den A4 Steuergeräteteil |
4. A4 Triebwerksbereich |
5. Kreiselstabilisierte Plattform für das Aggregat 4 |
6. Abgas-Kanal (Schnurre) |
7. Kontrollzentrake mit Prüfpulten |
8. Sauerstofftanks, die zur Kühlung mit Wasser umspült sind |
9. Heck mit Wasserstofftanks zum Fluten für das Aufrichten |
|
|
|
|
|
|
|
|
Weiterentwicklung der A4 zur Langstreckenrakete A4b 'Bastard' |
|
|
|
|
Zitat Wernher von Braun
[..die Arbeit der Peenemünder Planungsgruppe konzentrierte sich
gegen Ende des Krieges auf eine mit Flügeln versehene V2; es war
ein militärisches Vorhaben von höchster Dringlichkeit, nachdem
die Abschüsse von der Kanalküste aus durch die Invasion der
Alliierten in der Normandie so gut wie unmöglich geworden
waren...]
Dies bedeutete, man suchte nach einer Reichweitensteigerung, die
kurzfristig zu einem Erfolg führen würde. Dabei wurde auch das
Prinzip von Prof. Sänger, Mitglied der Deutschen
Forschungsgesellschaft für Segelflug, untersucht. Beim
Rückkehren in die dichteren Luftschichten sollte der Flugkörper
in abklingenden Amplituden einen langen antriebslosen Flug
durchführen. Deshalb wurde das Aggregat 4 umkonstruiert und mit
Tragflächen versehen. Die Tragflächen hatten eine 520-Pfeilung.
Das Leergewicht erhöhte sich um 1350 kg. Am 24. Oktober 1944
legte man die Fertigung von fünf Prototypen fest.
(Bild 1; Startvorbereitungen der A4b am 24.01.1945 in
Peenemünde, Bild 2; A4b Darstellung, Bild 3; EMW A4b
geplante Ein-Mann-Ausführung)
Am 27. Dezember 1944 erfolgte der erste
Versuchsstart. Er war wie der folgende Start am 8. Januar 1945
ein Fehlschlag. Erst der dritte Versuch am 24. Januar wurde ein
Teilerfolg mit einer Flughöhe von 80 km, auch wenn die
errechnete Reichweite von 750 km nicht erreicht wurde. Ein
Flügelholm war am Beginn der Gleitflugbahn gebrochen. Aufgrund
des nahenden Kriegsendes wurde auch dieses Vorhaben nicht mehr
weitergeführt. Eine andere Möglichkeit sah man in der
Kombination eines A 4b mit einem Staustrahltriebwerk, das den
Flugkörper nach dem Raketenstart, jedoch mit verringertem
Treibstoffvorrat, in einer Höhe von 20.000 m auf die sechsfache
Schallgeschwindigkeit bringen sollte. Die Reichweite sollte 400
km betragen. |
|